Die Macht der Gewohnheit
- Mareike Jonker

- 18. Nov. 2024
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 22. Nov. 2024
Wie ist das zurzeit bei dir? Beherrschst du deine Routinen, oder beherrschen sie vielmehr dich? Wenn du selbstbewusst und beherzt die erste Frage mit Ja beantworten kannst, dann herzlichen Glückwunsch! Vermutlich bist du eine Person mit einer guten Portion Bewusstsein über das eigene Handeln, Zuversicht in die eigenen Fähigkeiten und Erfolg im Leben.
Gewohnheiten sind ein unverzichtbarer Bestandteil unseres Lebens und beeinflussen uns oft mehr, als wir es bemerken. Ob es die morgendliche Routine ist, unsere Reaktionen auf Stress oder das, was wir nach der Arbeit tun – Gewohnheiten prägen unseren Alltag.
Die Frage warum Gewohnheiten so mächtig sind, beschäftigt mich schon mein halbes Leben. Wie genau können sie unser Leben so gravierend beeinflussen? Und welche Möglichkeiten haben wir, sie zu verändern?
Warum wir auf Gewohnheiten angewiesen sind
Unser Gehirn ist ständig damit beschäftigt, Entscheidungen zu treffen und Gedanken und Informationen zu verarbeiten. Um Energie zu sparen, hat es gelernt Mechanismen zu entwickeln, mit denen Bekanntes automatisiert werden kann. Ein alltägliches Beispiel ist das morgendliche Zähneputzen: Wir denken nicht bewusst darüber nach, wie wir die Zahnbürste bewegen, weil diese Handlungen tief in unseren neuronalen Strukturen verankert sind. Gewohnheiten ermöglichen es damit unserem Gehirn, Kapazitäten für komplexere Aufgaben freizuhalten. Diese Automatisierung steigert unsere Effizienz und minimiert kognitive Belastung, sodass wir unseren Alltag ohne ständige Überforderung meistern können.
Ziemlich smart, oder?
Licht und schatten unserer Gewohnheiten
Gewohnheiten können uns in vielerlei Hinsicht extrem hilfreich sein. So können wir über bestimmte Abläufe im Alltag unser Wohlbefinden steigern und günstig auf unsere körperliche und geistige Gesundheit einwirken. Auch im sozialen Kontext und unseren Beziehungen spielen sie eine wichtige Rolle: Rituale und Verhaltensmuster in Freundschaften und Familien schaffen Stabilität und Vertrauen.
So positiv die Effekte, die wir durch gesunde Routinen erzielen können auch sind, so negativ können die Folgen von Gewohnheiten sein, die unser Leben zu Ungunsten beeinflussen.
Jeder von uns kennt das es, diese kleinen Dinge im Alltag, die uns ganz leicht und gewohnt von der Hand gehen: einige sind willkommene Gäste, andere möchten wir am liebsten schnell wieder dorthin schicken, woher sie gekommen sind.
Der Gewohnheitskreislauf: Verstehen, um zu ändern
Die gute Nachricht ist, dass wir unsere Gewohnheiten verändern und unser Leben so bewusster gestalten können. Dazu müssen wir verstehen, wie sie entstehen. Charles Duhigg, der Autor von „Die Macht der Gewohnheit“, beschreibt den sogenannten Gewohnheitskreislauf, der aus drei Hauptkomponenten besteht:
Auslöser (Cue): Ein bestimmtes Signal oder eine Situation, die das Verhalten startet.
Routine: Die Handlung selbst, die zur Gewohnheit geworden ist.
Belohnung: Der Nutzen, den wir aus dieser Routine ziehen, sei es bewusst oder unbewusst.
Ein Beispiel aus dem Alltag: Du kommst gestresst von der Arbeit nach Hause (Auslöser), greifst zur Chipstüte und setzt dich vor den Fernseher (Routine). Die kurzfristige Entspannung, die du dabei spürst, ist die Belohnung. Um eine Gewohnheit zu ändern, musst du den Kreislauf durchbrechen und eine neue, gesündere Reaktion auf den Auslöser entwickeln – zum Beispiel einen Spaziergang oder eine Meditation. Es kommt also gar nicht so sehr auf die Gewohnheit (die Routine) selbst an, sondern auf das Gefühl der Belohnung, nach der Handlung.
Den kreislauf durchbrechen
Probiere jetzt mal folgende Übung: 1) Welche Gewohnheiten kennst du von dir? 2) Welche davon sind dienlich und welche hinderlich? 3) Wenn du die Freiheit hättest einzugreifen, welche würdest du ändern oder ganz neu aufgreifen wollen?
Der erste Schritt, um eine Gewohnheit bewusst zu verändern, ist das Identifizieren der einzelnen Elemente des Gewohnheitskreislaufs: Auslöser, Routine und Belohnung. Beobachte dich selbst in deinem Alltag. Wann tritt die Gewohnheit auf, die du ändern möchtest? Welcher Auslöser setzt sie in Gang? Welche Routine durchläufst du ganz genau und welcher Belohnungseffekt wird im Anschluss ausgelöst. Sei ehrlich und präzise, denn je klarer du das Muster erkennst, desto leichter ist es, es zu wandeln. Im Anschluss entwirfst du, wie auf einem weißen Blatt Papier, eine neue Routine, die auf den initialen Auslöser folgen soll und die einen ähnlich starken Belohnungsmoment erzeugt.
Hier sind ein paar praktische Tipps für das Ändern von Gewohnheiten
Kleine Schritte machen: Setze dir realistische, kleine Ziele. Statt sofort eine Stunde pro Tag Sport zu treiben, beginne mit 10 Minuten.
Den Auslöser erkennen: Sei präzise, was den genauen Auslöser für deine Gewohnheit ist. Wenn du den Startpunkt verstehst, kannst du besser reagieren.
Der Erfolg hängt an der Belohnung: Ersetze die alte Gewohnheit durch die neue Routine, die du dir wünscht. Greifst du abends zu Snacks, probiere stattdessen eine Tasse Tee oder eine Handvoll Nüsse. Dein Erfolg hängt davon ab, dass das neue Verhalten auch wirklich durch positive Gefühle, z.B. Entspannung, belohnt wird.
Geduld haben: Es dauert Zeit, eine Gewohnheit zu ändern. Studien zufolge sind mindestens 21 Tage nötig, bis sich ein neues Verhalten etabliert, in vielen Fällen aber eher 60 bis 90 Tage.
Flexibilität und anpassungsfähigkeit für nachhaltige veränderung
Erlaube dir flexibel zu bleiben. Dein Leben wird von vielfältigen Faktoren beeinflusst, durch die sich auch deine Bedürfnisse verändern. Zu diesen Faktoren können zählen, Menschen mit denen du dich viel umgibst, Jahreszeitenwechsel, eine neue Rolle, die du kürzlich angenommen hast, dein Zyklus, eine neue Umgebung oder Klimazone. Veränderungen sind fester Bestandteil des Lebens und erfordern sicherlich immer mal Anpassungen in deinen Routinen. An manchen Tagen passt vielleicht eine intensive Sporteinheit, während an anderen Tagen eine sanfte Dehnübung oder ein Spaziergang passender ist. Oder auch einfach mal eine lange Pause.
Eine Strategie ist es, alternative Optionen für deine Routinen zu entwickeln, die du wie jede andere Gewohnheit etablierst und je nach Tagesform und Lebenssituation einsetzen kannst. So vermeidest du in alte Muster zu fallen und kannst deine Ziele mit Beständigkeit verfolgen, ohne dabei auszubrennen oder dich zu verbiegen.
Veränderst du deine Gewohnheiten, veränderst du dein Leben
Gewohnheiten bestimmen einen Großteil unseres Verhaltens, aber sie sind nicht in Stein gemeißelt. Die Kraft unserer Gewohnheiten liegt also nicht nur in ihrer Beständigkeit, sondern auch in der Fähigkeit, sie zu wandeln und das sind extrem gute Nachrichten.
Erlaube dir, eine klare Vorstellung davon zu entwickeln, warum du eine Gewohnheit verändern möchtest oder eine neue Routine entstehen darf. Ob du gesünder, produktiver oder einfach zufriedener leben willst – halte dir deinen Zielzustand regelmäßig vor Augen und komme in den Genuss deinem Leben dadurch immer mal wieder einen neuen Anstrich zu verpassen.
